Presseinfo der Daimler AG vom 3. Dez. 2010
Die Historie der Allradmodelle von Mercedes-Benz
Seit über 100 Jahren auf allen Vieren
• Grundlagen der Allradtechnik werden 1903 gelegt
• Personenwagen: Vom „Dernburg-Wagen“(1907) bis zum CLS 4MATIC
• Geländewagen: Vom G1 bis zur G-Klasse und den SUV ML, R, GL und GLK
Schon 1903 schuf Paul Daimler, Sohn des Firmengründers, erste Konstruktionen mit Allradantrieb. 1907 entstand der Dernburg-Wagen für Fahrten in Afrika – auf Basis eines Lkw, aber als Personenwagen konzipiert. Er wurde so zum Stammvater der heutigen Pkw mit 4MATIC-Antrieb. Erster allrad-getriebener Pkw von Mercedes war die E-Klasse-Baureihe W 124, deren 4MATIC-Versionen 1985 auf der IAA in Frankfurt debütierten.
Auch die heutigen Geländewagen und SUV haben einen langen Stammbaum. Den Mercedes-Benz G5 präsentierte Mercedes-Benz im Oktober 1938 auf der Motor Show in London als „Kolonial- und Jagdwagen“. Neben der G Klasse, die seit 1979 unbeirrt ihre Bahn durchs Gelände zieht, ist der G5 so auch der Stammvater der modernen SUV der M-, R- und GL-Klasse sowie des GLK.
Darüber hinaus hatte das Unternehmen immer geländetaugliche Nutzfahrzeuge im Angebot - vom legendären Unimog über Lastwagen bis hin zu
Lieferfahrzeugen wie Vito und Sprinter.
Das erste Personenfahrzeug mit Allradantrieb für den Alltagsbetrieb konstruiert die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) im Jahr 1907. Der so genannte
„Dernburg-Wagen“ hat sogar eine Allradlenkung und ist für den Staatssekretär Bernhard Dernburg bestimmt, der damit im Kolonialdienst 1908 in Afrika viele Kilometer zurücklegt. Als Basis dient Ingenieur Paul Daimler, Sohn des Firmengründers, ein Lastwagen-Chassis der Daimler-Motoren-Gesellschaft. Das Fahrzeug kostet 34.750 Mark. Es erhält eine Tourenwagen-Karosserie mit zwei Plätzen auf der Chauffeursbank und insgesamt vier Sitzplätzen im Fond. Der stattliche Wagen wiegt bei einer Länge von ungefähr 4,90 Metern und einer Höhe inklusive Dach von gut 2,70 Metern rund 3,6 Tonnen, einschließlich aller vom Kolonialamt ausdrücklich gewünschten Besonderheiten, beispielsweise einer besonders schweren Kupplung sowie ein auf tropische Verhältnisse abgestimmter Benzin- und Kühlwasservorrat, Ersatzteile und Werkzeuge.
Der Vierzylindermotor liefert aus rund 6,8 Liter Hubraum bei 800/min die durchaus ansehnliche Leistung von 26 kW (35 PS), was auf ebener Asphaltstrecke
immerhin für eine Höchstgeschwindigkeit von rund 40 km/h gut ist. Wichtiger jedoch für das Fahrzeug mit seinem besonderen Einsatzgebiet ist die Steigfähigkeit mit Hilfe des Allradantriebs: Sie beträgt 25 Prozent.
Das Fahrzeug hat einen permanenten Allradantrieb, der Motor schickt seine Kraft über eine ausgeklügelte Mechanik an die vier Räder. Eine Welle verbindet ihn mit dem genau mittig montierten Getriebe, das vier Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang bietet. Von dort übertragen Kardanwellen die Drehbewegung
an die Differenziale der Vorder- und Hinterachse.
Besondere Vorkehrungen trifft Konstrukteur Daimler, um feinen Flugsand aus den kraftübertragenden Teilen zu halten. Da dies jedoch den Lenkeinschlag stark einschränkt, auf höchstens 23 Grad, erhält das Fahrzeug auch hinten gelenkte Räder, um einen adäquaten Wendekreis zu erzielen.
Ein Repräsentationsfahrzeug fürs Gelände
1934 entsteht der mächtige sechsrädrige Personenwagen G 4 (Baureihe W 31), der im Werk Untertürkheim gebaut wird. Vor allem Staatschefs und ranghohe Militärs schätzen den 3,7 Tonnen schweren Wagen bald als geländegängiges Repräsentationsfahrzeug. Die Kraftübertragung geschieht mit einer Kardanwelle auf die beiden hinteren Starrachsen, für gute Geländegängigkeit sorgen zwei Sperrdifferenziale (Steigfähigkeit bei voller Belastung: 43 Prozent). Insgesamt entstehen mit allen Motorvarianten bis 1939 57 Stück.
In der ersten Serie (1934 bis 1936) arbeitet ein 5,0-Liter-Achtzylindermotor vom Typ M 24, der bei 3400/min eine Leistung von 74 kW (100 PS) entwikkelt. In
der zweiten Serie (1937 bis 1938) leistet der Motor mit einem auf rund 5,3 Liter vergrößerten Hubraum 85 kW (115 PS). In der dritten Serie sind es dann aus 5,4 Liter Hubraum 81 kW (110 PS). Obwohl mehr möglich wäre, ist der G 4 aufgrund seines hohen Gewichts und der damaligen Reifenstabilität nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 67 km/h zugelassen. Immens ist der Treibstoffverbrauch, der auf der Straße mit 28 Litern und im Gelände mit 38 Litern angegeben ist. Kein Wunder, dass einige Fahrzeuge mit einem 140-Liter-Tank ausgerüstet sind.
Hightech für Personenwagen: Mercedes-Benz 4MATIC
Mitte der 1980er Jahre ist die Zeit reif, um den Allradantrieb auch in Personenwagen von Mercedes-Benz zu bringen. Auf der IAA 1985 in Frankfurt stellen die Ingenieure ihre Kreation einer breiten Öffentlichkeit vor: 4MATIC heißt der neue Allradantrieb. Er bedient sich auch der Elektronik, um in allen Fahrsituationen stets einen optimalen Antrieb zu bieten.
Es ist das Anti-Blockier-System, das 1978 die Grundlage für diese Technik legt. Denn darauf aufbauend entsteht die Antriebsschlupfregelung (ASR, Serienstart 1987), die das Spiel der Längskräfte zwischen Reifen und Fahrbahn nicht nur beim Bremsen, sondern erstmals auch beim Beschleunigen regelt und dabei
sowohl auf die Bremse als auch auf das Motormoment einwirkt. Es folgen das automatische Sperrdifferenzial (ASD, 1985) und das Elektronische Stabilitäts-Programm (ESP®, 1995).
Gemeinsames Merkmal dieser Systeme ist es, den Radschlupf mit Hilfe moderner Mikroelektronik und Hydraulik zu erfassen und zu begrenzen, um die Längsdynamik eines Automobils zu verbessern. Die 4MATIC arbeitet permanent und verteilt im normalen Fahrbetrieb auf griffigem Untergrund die Antriebskraft
zwischen Vorder- und Hinterachse. Dank einer Sperre des Zentraldifferenzials können bis zu 100 Prozent der Antriebskraft zu einer Achse geleitet werden.
Ihr Debüt feiert die 4MATIC im Jahr 1987 in der Baureihe W 124. Von der
E-Klasse der Baureihe 210 an kommt ab 1997 zusätzlich das Elektronische
Traktions-System 4ETS zum Einsatz, das die Funktion von Differenzialsperren übernimmt und für ein noch besseres Vorankommen auf schlechtem Untergrund sorgt. 4ETS ist in das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® integriert, dessen Regelung speziell an den Allradantrieb angepasst ist. Verlieren eines oder
mehrere Räder auf rutschigem Untergrund die Traktion, bremst 4ETS die durchdrehenden Räder automatisch und individuell mit kurzen Impulsen und erhöht im gleichen Maße das Antriebsmoment an den Rädern mit guter Traktion. Dieser automatische Bremseingriff kann die Wirkung von bis zu drei Differenzialsperren simulieren.
In der neuen E-Klasse der Baureihe 210, die 1995 auf den Markt kommt, wird die Technik deutlich weiterentwickelt. Die neue 4MATIC besteht aus einem permanenten Allradantrieb mit einem einstufigen Verteilergetriebe, das für eine Kraftverteilung von 35:65 sorgt. Er wird unterstützt vom Elektronischen Traktions-System 4ETS.. Das Debüt der neuen 4MATIC findet zunächst im Februar 1997 im E 280 statt, im Juni folgt dann der E 320, jeweils auch als T-Modell.
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Sport Utility Vehicle von Mercedes-Benz: Die M-Klasse
Mercedes-Benz betritt 1997 einen jungen Markt: Das Unternehmen kommt mit der M-Klasse (Baureihe W163) auf den Markt. Das Sport Utility Vehicle (SUV) ist generell mit dem Allradantrieb 4MATIC ausgestattet. Der Antriebsstrang ist von vornherein für permanenten Allradantrieb konzipiert. Ein Verteilergetriebe mit integriertem Zentraldifferenzial bringt die Antriebskraft im Verhältnis von 50:50 auf die Vorder- und die Hinterachse. Wie schon bei anderen 4MATIC-Fahrzeugen von Mercedes-Benz ersetzt in der M-Klasse das 4ETS die Differenzialsperren.
Ein Anti-Blockier-System gehört zur Grundausstattung, es ist speziell für den Geländeeinsatz ausgelegt und verhindert ab einer Geschwindigkeit von 8 km/h das Blockieren der Räder, unabhängig von der Bodenbeschaffenheit. Ist die
Geländeuntersetzung aktiviert (Reduktion um 2,64), verkürzt ein spezielles
Programm für Geschwindigkeiten von höchstens 30 km/h auf losem Untergrund den Bremsweg.
Die USA – im neuen Werk Tuscaloosa wird die M-Klasse gefertigt – und Kanada kommen als erste Märkte in den Genuss des Neulings, und zwar mit dem ML 320. Im März 1998 gelangen die ersten Fahrzeuge nach Europa, das zusätzlich den ML 230 bekommt. Als weitere Variante folgt von 1998 an der ML 430 mit einem Achtzylinder-Ottomotor. Zum Oktober 1998 wird das Verhältnis der Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse auf 48:52 geändert, um auf Asphaltstraßen ein agileres Kurvenverhalten zu erhalten.
Die 100.000. M-Klasse läuft im Februar 1999 vom Band. Im Mai wird Graz als zweite Produktionsstätte insbesondere für den in Europa außerordentlich wichtigen ML 270 CDI eröffnet, nachdem dort schon die G-Klasse und die E-Klasse 4MATIC gefertigt werden.
Von Herbst 2000 an präsentiert sich das Fahrzeug mit einem weiterentwickelten Allradantrieb, um schwierige Geländesituationen noch besser zu meistern. Dem 4ETS sind neue Funktionen mitgegeben, die vor allem an starken Steigungen
und bei der Bergabfahrt deutliche Vorteile bieten. Es kommt ein aktiv regelbarer Bremskraftverstärker zum Einsatz, der den Druck besonders schnell aufbaut. Dadurch kann das System durchdrehende Räder noch früher als bisher abbremsen. 4ETS dosiert die Brems-Impulse je nach Fahrgeschwindigkeit, Radbeschleunigung und Gaspedalstellung.
Die Produktion der Baureihe W163 läuft im Dezember 2004 aus, bei einer
verkauften Zahl von rund 650.000 Fahrzeugen.
Das Feld, das die M-Klasse der Baureihe 163 erfolgreich bereitet hat, übernimmt im Jahr 2005 die Nachfolgebaureihe 164, die im Januar auf der North American International Auto Show in Detroit erstmals präsentiert wird. Seit 2001 hat
DaimlerChrysler bereits insgesamt 600 Millionen US-Dollar in die Erweiterung des Werks in Tuscaloosa investiert und damit die Produktionskapazität von 80.000 auf 160.000 Fahrzeuge im Jahr verdoppelt. Die Kapazitätserweiterung kommt nicht allein der M-Klasse zugute, sondern auch der R-Klasse, die ebenfalls im Jahr 2005 auf den Markt kommt.
Die neue M-Klasse geht mit modernster Technik wie beispielsweise drei neuen kraftvollen Motoren, dem serienmäßigen Siebengang-Automatikgetriebe 7G TRONIC, dem erneut leistungsfähigeren Allradantrieb 4MATIC, der Luftfederung AIRMATIC und (optional) dem vorausschauenden Insassenschutzsystem PRE-SAFE® an den Start.
Den permanenten Allradantrieb und das Traktionssystem 4ETS hat Mercedes-Benz weiterentwickelt und durch zusätzliche Funktionen wie Downhill Speed Regulation, Anfahr-Assistent und Offroad-ABS ergänzt. In punkto Allradtechnik stehen jetzt zwei Varianten zur Auswahl, die den unterschiedlichen Ansprüchen der Offroad-Fahrer entsprechen: Neben der Basisausführung ist auf Wunsch ein neues Offroad Pro-Technikpaket lieferbar, mit dem die M-Klasse schwierigste Geländepassagen meistert. Es beinhaltet unter anderem ein Zweistufen-Verteilergetriebe mit „Low Range“-Untersetzung, manuell oder automatisch zuschaltbaren Differenzialsperren (100 Prozent) zwischen Vorder- und Hinterachse sowie an der Hinterachse und eine fürs Gelände modifizierte Luftfederung AIRMATIC, mit der die Bodenfreiheit um 110 auf bis zu 291 Millimeter und die Wattiefe auf bis zu 600 Millimeter angehoben werden kann.